Archiv für den Monat März 2015

Kapitalismus-Kritik aus karmischer Sicht

Begünstigt unser gegenwärtiges Gesellschaftssystem eine glücksversprechende Selbstentfaltung oder beruht es auf destruktiven Grundprinzipien? Diese Frage kann unter der Prämisse karmischer Wirklichkeit und den vier edlen Wahrheiten des Buddhismus eindeutig und argumentativ schlüssig beantwortet werden.

Das heutige, kapitalistisch-marktwirtschaftliche System  beruht ja grundsätzlich darauf,  stets nach Profit, nach Maximierung des Gewinns zu streben. Dieses System fußt also auf dem Fundament der negativen, menschlichen Charaktereigenschaften, nämlich dem „Geistesgift“ Gier – eine der drei grundlegenden Ursachen erfahrenen Leids laut Siddharta Gautama („Buddha“): die Hauptantriebsfeder des menschlichen Daseins bzw. seiner (ökonomischen) Schaffenskraft wird im Kapitalismus gemäß seines Zwanges zu stetem Wachstum und ständigem Profit wesentlich durch die Gier bestimmt. An dieser Stelle bietet es sich an, in der karmischen Logik einen unübersehbaren Zusammenhang zur Theorie von Karl Marx und der generellen Ungeeignetheit des Kapitalismus für das menschliche Wohlergehen aufzuzeigen: Im marktwirtschaftlichen Kapitalismus ist wie dargelegt die Absicht tätig zu sein der Geldgier bzw. Kapitalakkumulation geschuldet. Also finden wir weitestgehend niederste Beweggründe für produktives Schaffen vor. Beweggrund, Intention und Absicht sind Synonyme für Karma. Karma heißt, dass jede Wirkung eine Ursache hat.

Da alle Wirtschaftsteilnehmer dieses Systems täglich diesem Giertrieb ergeben, ja regelrecht nur dadurch im und am Leben sind, widerfährt ihnen vielfach mehr Leid, als wäre ihr Schaffen (wie von Marx gedacht[1]) auf die tatsächliche Bedürfnisbefriedigung der Menschen ausgerichtet und nicht auf Anhäufung von Reichtum. Tatsächlich finden wir heute eine steigende Rate von psychisch Kranken vor[2] [3] [4], obwohl der materielle Wohlstand und die medizinische Forschung so fortschrittlich wie nie zuvor ausfallen. Auch wäre es so nur folgerichtig, der Allgemeinheit dienende, den Profit jedoch schmälernde Forschungsergebnisse zurückzuhalten[5] bis hin zum Ausschluss ganzer Ethnien bei der Berücksichtigung neuer Arzneimittelerforschung – wie erst kürzlich vom Pharmakonzern „Bayer AG“ öffentlich eingeräumt[6]. Weiterhin fördert, fordert und vertieft der kompetitive Wettbewerb als ständiges Gegeneinander der Menschen ihre negativen Grundeigenschaften, sodass eine Überwindung des wirtschaftlichen Konkurrenzdenkens – unter Kenntnisnahme als ehemaliges, doch mittlerweile überholtes Wohlstandselement – unerlässlich scheint.

Wir finden also schon aus karmischer Sicht und Logik heraus  schwer zu leugnende Argumente für die Errichtung nichtkapitalistischer Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme. Ungeachtet haltloser Schmähungen sollte daher eine ergebnisoffene Reetablierung der marxschen Idee in den öffentlichen Diskurs vorgenommen, heißt: wenigstens einmal  „die Systemfrage“ neu zustellen – erst auf dieser Basis können überhaupt Alternativen zum Kapitalismus ernsthaft diskutiert werden, ohne dass die eine Ideologie (zb. Marx‘ Ansatz) noch die andere (zb. Freiwirtschaftslehre nach Gesell) als gesetzt gelten.

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[1] Vgl. Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I. Der Produktionsprozeß des Kapitals, in: Marx, Karl/ Engels, Friedrich, Werke, Band 23, Berlin 1988, S. 652.

[2] Vgl. dpa-Meldung: „Studie: Immer mehr psychisch Kranke in Kliniken“, in: http://www.focus.de/politik/deutschland/krankenhaeuser-studie-immer-mehr-psychisch-kranke-in-kliniken_aid_649498.html [26.07.2011], zuletzt geprüft: 09.10.2014, 14:48.

[3] Vgl. Reuters-Meldung: „Studie: Fast 40 Prozent der Europäer sind psychisch krank“, in: http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/studie-fast-40-prozent-der-europaeer-sind-psychisch-krank-a-784400.html [05.09.2011], zuletzt geprüft: 14.10.2014, 17:21.

[4] Vgl. Ärzteblatt: Psychische Leiden rücken als Todesursache mehr in den Fokus, in: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/61034/Psychische-Leiden-ruecken-als-Todesursache-mehr-in-den-Fokus [27.11.2014], zuletzt geprüft: 27.12.2014, 16:28.

[5] Dieser Widerspruch, diese Ambivalenz zwischen gesellschaftlichem Allgemeinwohl einer- und privatem Eigeninteresse andererseits lässt sich beispielhaft an folgendem Gedankengang mit der Frage festmachen, ob denn ein Pharmakonzern überhaupt an einer allgemeinen Gesundung interessiert wäre und ein etwaiges „Panazee“ bereitwillig zur Verfügung stellen oder gar gezielt entwickeln würde; schließlich würde er sich ja damit seiner eigenen Existenzgrundlage wesentlich berauben und daher diesen Konflikt zwischen unheilsamer Gier und heilsamer Selbstlosigkeit nur unter völlig neuen, politökonomischen Rahmenbedingungen lösen können. Diese verborgene Dialektik wurde bereits neulich ausführlicher dargestellt.

[6] Es handelt sich hierbei um ein neues Krebsmedikament namens „Nexavar“, das zwar für den westlichen, aus Kostengründen aber nicht für den indischen Markt entwickelt, getestet und zugelassen wurde. Vgl. Nagarajan, Rema: „Pharma drug development only for wealthy countries?“, in: timesofindia.indiatimes.com/business/india-business/Pharma-drug-development-only-for-wealthy-countries/articleshow/29456711.cms [27.01.2014], zuletzt geprüft: 09.10.2014, 14:47.